mit Beruflichem Gymnasium

Schüler*innen der HBFS 12 probieren sich an der Veeh-Harfe

Musikalischer Besuch aus der Pflegepraxis

„Wer hat während seines Praktikums in den Sommerferien bereits erste Einblicke in‚ Musikgeragogik‘ bekommen?“, lautete eine Frage im Musikunterricht der HBFS 12. Fast ein Drittel der Schüler*innen berichtete spontan von Angeboten aus dem Schnittfeld von Musikpädagogik und Geragogik, die sie in verschiedenen Einrichtungen erlebt und in ihrer erstaunlichen Wirkung auf ältere pflegebedürftige Menschen schätzen gelernt haben.

Umso gespannter erwarteten sie den Besuch von Frau Sabine Ostendorf, einer engagierten Mitarbeiterin in der sozialen Betreuung aus dem Senioren- und Pflegezentrum St. Marien in Ahaus. Auf Einladung der Musiklehrerin Annette Niehues war diese bereit, im Rahmen einer Unterrichtsreihe zur Musikgeragogik den Schüler*innen aus der Praxis zu berichten und ihnen Ideen zur musikalischen Arbeit mit Senioren zu vermitteln.

In einer lebhaften ersten Fragerunde beantwortete Frau Ostendorf zunächst von den Schüler*innen vorbereitete Fragen zu ihrem Berufsfeld und spiegelte dabei so viel authentische Begeisterung und Liebe für ihre Tätigkeit mit den pflegebedürftigen Bewohnern wider, dass sich etliche spontane Fragen anschlossen. Später in einem Auswertungsgespräch berichtete die Klasse, dass sie berührt war von den Erzählungen Frau Ostendorfs zu ihrer Begleitung auch Sterbender und zur Bedeutung von Musik im letzten Lebensabschnitt: „Musik ist Erinnerung! Musik ist Gefühl! Gefühle werden nie dement!“

Berührt hat auch die Entstehungsgeschichte der Veeh-Harfe, die die ganze Zeit über schon auf ihr Erklingen durch Frau Ostendorf und das Ausprobieren durch die Schüler*innen gewartet hatte! Der ehemalige Landwirt Hermann Veeh hat 1987 das Instrument für seinen Sohn Andreas erbaut, der auch mit Down-Syndrom an der Hausmusik der Familie teilnehmen sollte. Anhand einer unter den Saiten liegenden Notenschablone zupft man die Saiten von oben nach unten an und spielt ohne Notenkenntnisse wunderschön klingende Melodien, auch mehrstimmig! Mit dieser inzwischen weit verbreiteten Veeh-Harfe ist das Erleben von Musik auch denen möglich, die immer Musik geliebt haben, aber nie die Gelegenheit hatten, ein Instrument zu erlernen. Allein das Hören des angenehmen Klanges ermutigt Bewohner, die sonst nicht mehr sprechen, mitzusingen und lässt sie präsenter im Hier und Jetzt sein. Die Schüler*innen jedenfalls zeigten sich fasziniert von dem Instrument und ihren eigenen Spielerfolgen.

Frau Ostendorf ermutigte die Schüler*innen, gemeinsam mit dementiell erkrankten Menschen Musik zu machen, zu singen, klatschen, schunkeln, tanzen oder auch ein Musikstück anzuhören und anschließend darüber zu erzählen. Es komme nicht auf die richtigen Töne an, sondern die Freude, die das gemeinsame Musizieren bereite.

In diesem Sinne sorgte abschließend ein von Frau Ostendorf angeleiteter Sitztanz für gute Laune, ein wohltuendes Gemeinschaftsgefühl und eine Herausforderung für Körper und Geist. Die Koordination von verschiedenen Bewegungen der Arme und Beine und das Memorieren der Abfolge brauchten schon eine Reihe von Wiederholungen, bis alle synchron dabei waren. Auf die Frage einer Schülerin, wie die älteren Menschen damit umgehen, dass es mancher schneller und mancher nur sehr langsam lernt, konnte Frau Ostendorf berichten, dass die Bewohner alle mit sehr großer Wertschätzung füreinander dabei sind und geduldig wiederholen, bis alle mitmachen. In einem Skript gab sie der Klasse weitere Hintergrundinformationen und Tipps mit auf den Weg.

Die Klasse war beeindruckt und überzeugt davon, dass Frau Ostendorf wiederkommen und auch nachfolgenden Klassen einen solch lebendigen Eindruck von der Praxis vermitteln sollte. Ihre Einladung, eines der nächsten Praktika im Senioren- und Pflegezentrum St. Marien zu verbringen und selbst einmal in die liebevolle und engagierte Arbeitsatmosphäre dort einzutauchen, wird sicherlich angenommen werden.