Angehende Sozialhelfer/-innen und Kinderpfleger/-innen unseres Berufskollegs erlebten den Vortrag des Kulturreferenten des Uniklinikums Münster zum Thema „HUMOR IN DER PFLEGE“.
Gebannt von der ersten bis zur letzten Minute lauschten die beiden Oberstufenklassen der angehenden Sozialhelfer/innen und Kinderpfleger/innen unseres Berufskollegs dem engagierten und lebendigen Vortrag des Diplom-Pädagogen und Mitbegründers der Initiative ‚Clinic-Clowns‘, Christian Heeck, aus Münster, den ihre Lehrerin Annette Niehues eingeladen hatte. Anhand konkreter Beispiele aus der Pflege konfrontierte er die Schüler/innen mit zukünftig zu erwartenden Situationen ihres Berufsalltags. Gleichzeitig formulierte er seine Erfahrungen und Ratschläge, wie sowohl die zu betreuenden Personen als auch Pfleger trotz oft sehr belastender Umstände durch Humor ‚Lebenssinn‘ erfahren bzw. vermitteln können.
Was ist eigentlich ‚Humor‘? – Schnell war klar, dass nicht das Erzählen von Witzen gemeint ist. Heeck brachte seinen Zuhörern den Begriff zunächst aus unterschiedlichen Ansätzen näher: Die Fröhlichkeit des Kindes sei ein „Naturgesetz“, der Zustand der Ernsthaftigkeit eines Kindes, das keinerlei Freude zeigt, jedoch ein „ernstzunehmender Befund“. Lachen setze dann Gutes im Körper frei, wertvolle Botenstoffe. Bei einem spontan erbetenen Lach-Experiment konnten die Schüler es selber nachvollziehen. Sogar eine Wissenschaft vom Lachen gebe es, die ‚Gelotologie‘, die etwa das Verhältnis zwischen Sprache und Körpersprache beleuchtet, zum Beispiel, wenn ein Pfleger bei der Frage „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“ bereits auf dem Wege zur Tür ist. Sowohl anhand wissenschaftlicher Studien in der Hirnforschung als auch durch einen gespannten Bogen von der frühgeschichtlichen Humoralpathologie (Lehre von den vier Säften des Körpers) bis zur heutigen Psychologie („Innendimension des Menschen“) konstatierte Heeck den Humor als „eine Fähigkeit, eine natürliche Ressource des Menschen … wie eine Balancestange auf dem Seil zwischen links und rechts“.
Im Beruf könne Humor wie ein Katalysator wirken und die Wahrnehmung des zu betreuen-den Menschen und damit seine persönliche Einstellung zur Krankheit positiv beeinflussen. Dass menschliche Zuwendung allzu häufig auf der Strecke bleibt, erfuhr er kürzlich bei einem Krankenhausaufenthalt am eigenen Leibe. Wer denn dort wohl die meiste Anteilnahme gezeigt habe? – Antwort: Der Essensausteiler und der Putzmann!! Schallendes Lachen begleitete, wie so oft während des 90minütigen Vortrags, die so nachvollziehbar dargestellten herzlichen Kommentare der beiden Angestellten.
Heeck ermutigte die Schülerinnen und Schüler, ihr eigenes Leben zu finden und Mut zu sich selbst zu haben, nicht nur Rituale umzusetzen und kalkulierbar zu sein, sondern als soziale, anteilnehmende Wesen für andere spürbar zu werden. Angesichts der ritualisierten Pflege mit einer festen Abfolge von Tätigkeiten sollte bewusst gefragt werden: „Wie kann man Zeit anhalten, nicht verbrauchen?“ oder „Bist du sicher, dass das, was du tust, das ist, was du tun solltest?“
Antworten sind „Techniques“, wie beispielsweise der Einbau kleiner Veränderungen in der täglichen Routine, das Element der Überraschung, das Hereinkommen mit einem Impuls, ein höheres Maß an Aufmerksamkeit oder das Verschieben von Pflegezeit zugunsten einer be-dürftigeren Pflegeperson. Ganz wichtig sei es, „geeignete Situationen für den Erwerb von Informationen“ zu schaffen. Wenn ein schwerkrankes Kind Gespräche verweigert, dann hilft es, „eine Situation zu gestalten“. Zur Verdeutlichung machte Heeck hier Anleihen in der Lite-ratur bei dem Buch ‚Oskar und die Dame in Rosa‘, die dem Jungen das Blaue vom Himmel erzählt, wodurch er sich der Welt wieder öffnet. Clinic-Clowns schaffen bei einem kleinen Patienten aus einem verschmähten Teller Spaghetti plötzlich wieder eine Begehrlichkeit, indem sie diesen in einer Spielsituation zu einer Figur machen. Als weitere Möglichkeit nannte Heeck die „Symptomverschreibung“ und meint damit zum Beispiel die Unterbre-chung von Affekten durch einfaches Anreichen eines Geldstücks, was reflexartig gegriffen wird, oder die Umkehrung einer trostlosen Situation zu einer angenehmen Tätigkeit, wie bei ‚Tom Sawyer‘, der sich plötzlich geschätzt fühlt, für das vorher noch unliebsame Streichen des Gartenzauns auserwählt worden zu sein. Selbst ein tragikomischer Annäherungsversuch, wie das Kopieren des Verhaltens eines autistischen Jungen, kann Nähe und Zugang schaffen.
„Das Dumme am Leben ist, dass man eines Tages tot ist“, so der Referent zwischendurch mit einem Zitat. Deshalb riet er: „Aktive Lebenshilfe geben ist das Einzige, was vor dem Tod zählt.“ Am Ende seines humorvollen wie ernsthaften Vortrags appellierte Heeck deshalb an die Kreativität der zukünftigen Berufsanfänger: „Sie haben einen tollen Beruf. Machen Sie etwas daraus!“
Die Sparkasse Westmünsterland unterstützte großzügig die Finanzierung dieses Vortrags. Die Schüler des Berufskollegs Canisiusstift Ahaus, Lehrer und Schulleitung sagten ganz herzlichen Dank für die wertvollen Einblicke.