Was wissen wir eigentlich über Schule und berufliche Bildung in den Niederlanden? Wie werden z.B. dort angehende Erzieher*innen ausgebildet? Trotz der grenznahen Lage und dem regen Austausch mit dem Nachbarland sind die Kenntnisse hierzu meist dürftig. Das wollten wir ändern.
Denn Antworten auf die Fragen, wie gestalten Schulen in Deutschland bzw. in den Niederlanden den Unterricht für angehende Erzieher*innen, wo gibt es Unterschiede und was können wir voneinander lernen, können interessante Impulse für die Weiterentwicklung praxisorientierter Ausbildung auf beiden Seiten der Grenze ermöglichen.
Nach intensiver Vorarbeit und Suche nach einer geeigneten Partnerschule im näheren Umfeld stellte Lehrkraft Mechthild Passerschröer im Jahr 2019 den Kontakt zum Ausbildungszentrum ROC van Twente her, bei dem Toon Janssen in Hengelo Koordinator für die Internationalisierung ist, und gemeinsam wurde das Euregio-Projekt „Lernen ohne Grenzen“ initiiert, das die grenzüberschreitende Verbindung der beruflichen Bildung fördert. Es ist ein wesentlicher Beitrag zu einem integrierten, euroregionalen Arbeitsmarkt, in dem es selbstverständlich ist, dass Menschen nach ihrer Berufsausbildung auch auf der anderen Seite der Grenze beschäftigt werden können.
Im Rahmen dieses Projekts begann dann eine interessante und erfolgreiche Kooperationsphase. Engagierte Lehrkräfte und interessierte Studierende der schulischen bzw. praxisintegrierten Ausbildung zum/r Erzieher*in nahmen an dieser Kooperation teil.
Ein erstes Treffen fand Ende 2019 im Berufskolleg Canisiusstift Ahaus statt. Lehrkräfte und Studierende des ROC van Twente kamen für einen ersten regen Austausch. Mithilfe eines Fragebogens nahmen die Anwesenden ersten Kontakt zueinander auf. Die anfänglich befürchteten Sprachbarrieren konnten schnell überwunden werden und so gestaltete sich das erste Kennenlernen spannend und informativ.
Einen besonderen Einblick in die Ausbildungspraxis erhielten die Studierenden aus den Niederlanden zusammen mit ihren Dozent*innen durch die Möglichkeit, direkt in verschiedenen Kindergärten zu hospitieren. Anschließend fand ein reger Austausch über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den Räumlichkeiten, bei der Gestaltung der Außenanlagen und der Methoden statt.
Der Gegenbesuch unserer Schüler*innen im ROC van Twente fand dann einen Monat später statt. Der Austausch zwischen den Studierenden konnte durch dieses zweite Aufeinandertreffen vertieft und intensiviert werden, so dass beide Seiten einen genaueren Einblick in die Ausbildung zum/r Erzieher*in im jeweiligen Nachbarland bekamen.
Am 11. und 12. März 2020 besuchte dann Brigitte Brouwer vom ROC van Twente Almelo unsere Schule. Auch bei ihrem Besuch, der im Rahmen ihres Lehrerpraktikums stattfand, ging es um die Frage von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Schulsystemen der beiden Länder. Brigitte Brouwer möchte sich mithilfe verschiedener Praktika an deutschen Schulen einen differenzierten Einblick verschaffen und die Zusammenarbeit zwischen Schulen der Euregio vereinfachen. Diesen Einblick bei uns ermöglichte ihr die Lehrkraft Mechthild Passerschröer, die dank ihrer sehr guten Niederländisch-Kenntnisse auch anspruchsvolle Fragen beantworten konnte.
Wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie wurde dann im folgenden Jahr entschieden, die Kooperation digital fortzuführen. Es begegneten sich Studierende des ersten Ausbildungsjahres des BK Canisiusstift Ahaus und des dritten Ausbildungsjahres des ROC van Twente. Auf niederländischer Seite haben die Studierenden das Wahlfach „International“ und sind von daher schon an einem grenzüberschreitenden Austausch sehr interessiert. Jeweils 25 Studierende nahmen in insgesamt sechs Gruppen an dem Projekt teil, jede der Gruppen wurde von einem Dozenten begleitet. Zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 fanden drei Austausche von je 90 Minuten zwischen jeweils vier Schülerinnen aus Ahaus und vier Schülerinnen aus Enschede, die alle eine Ausbildung zur Erzieherin absolvieren. Nach einem Kennenlernen-Treffen standen Themen wie Spielerziehung, Kreativität in der Praxis, berufliche Aspekte wie Geschlechterverteilung im Beruf Erzieher/in, Gemeinsamkeiten in Schule und Ausbildung und auch persönliche Erfahrungen im Mittelpunkt des Austauschs. Natürlich wurde über die Corona-bedingten Einflüsse auf die Arbeit im Kindergarten gesprochen, aber es wurden eben auch viele Gemeinsamkeiten in der Ausbildung und Arbeit entdeckt. Die Kommunikation fand teils über Teams auf Englisch teils auch in der jeweiligen Muttersprache statt, und es war erstaunlich wie problemlos die Kommunikation verlief. Dieser digitale Austausch wurde von allen Schülerinnen als interessante Abwechslung zum Schul- und Ausbildungsalltag und als sehr bereichernd empfunden.
Am 3. März 2021 stellte Toon Janssen eine digitale Präsentation zu dieser Kooperation vor, die den Ablauf, die Ziele und eine abschließende Bewertung des Projekts zum Inhalt hatte. Sein Fazit war sehr positiv und drückte die Hoffnung auf weitere Kooperation, vielleicht auch wieder in direktem Austausch, aus.
Wir hoffen sehr, dass wir diesen interessanten Austausch zwischen dem ROC van Twente und unserem Berufskolleg fortführen können.