Etwa 300 Erzieher/innen, Lehrer/innen, Eltern und Großeltern folgten der Einladung zum Vortrag des Kinderarztes, Wissenschaftlers und Bestsellerautoren Dr. Herbert Renz-Polster, den das Jugend- und Familienbildungswerk e.V. Stadtlohn (JFB) in Kooperation mit unserem Berufskolleg im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums der Fachschule für Sozialpädagogik des Berufskollegs angeboten hatte.
Dorothe Döbbelt-Lepping, pädagogische Mitarbeiterin der Familienbildungsstätte des JFB, und Schwester Maria Manuela Gockel, Schulleiterin unseres Berufskollegs, begrüßten Dr. Herbert Renz-Polster sowie die zahlreichen Zuhörer. Dr. Renz-Polster machte in seinem praxisnahen Vortrag sogleich deutlich, dass in unserer von Leistungsdruck geprägten Gesellschaft viele Eltern die Angst hätten, dass ihre Kinder den Anschluss auf den verschiedensten Feldern verlören, z. B. die Angst, nicht den richtigen Kindergarten, die richtige Schule zu finden. Aus diesem Grund sollten nach dem Willen vieler Eltern Nachwuchs durch frühzeitigen Musik-, Sport- und Sprachunterricht wettbewerbsfähig gemacht werden.
Was Dr. Herbert Renz-Polster jedoch über die Natur des Kindes vortrug, war ein Plädoyer gegen den sogenannten frühkind¬lichen Förderhype. Kinder müssten in den ersten Jahren kein Babyenglisch, keine Mathematik lernen, sondern ein soziales Fundament bekommen, auf dem sie aufbauen können. Denn viel wichtiger für die Entwicklung eines Kindes sei das freie Spielen, am besten in der Natur. Kinder würden zu häufig mit Programmen „zugedröhnt“ werden, statt sie selbstbestimmt in der Natur spielen zu lassen, dies möglichst ohne Regeln, ohne Vorgaben, ohne Anleitung. Wichtig sei die Persönlichkeitsentwicklung. Nur wer ein stabiles Fundament habe, würde seinen Weg gehen.
„Wenn man ein Haus baut, fängt man ja auch nicht mit der Einrichtung an“, so Dr. Renz-Polster.
Eindrucksvoll schilderte der Kinderarzt und Bestsellerautor, dass Kinder sich nur dem Lernen öffnen würden, wenn sie genügend gut gebunden seien. Das müsse nicht unbedingt die Bindung an die Mutter, den Vater sein – auch Großeltern, Erzieher oder Lehrer kämen dafür infrage.
Durch eine gute Bindung könnte ein Kind tiefe Wurzeln schlagen, so dass es wie ein Baum Nährstoffe aufnehmen und dann auch dem größten Gegenwind trotzen könnte. Erst, wenn die Wurzeln fest in der Erde verankert seien, wüchsen dem Kind Flügel – es bewege sich immer weiter von seinen Bindungspersonen weg und erobere schließlich die Welt.
Wenn Kinder neugierig, begeisterungsfähig, empathisch, selbstbewusst, ausgeglichen, sozial kompetent seinen, sich etwas zutrauten und sich selbst einschätzen könnten, würden sie mutig in die Welt hinausgehen. Man erkenne diese Kinder, so Dr. Renz–Polster, an dem Leuchten in ihren Augen.
Insgesamt war es ein interessanter und gelungener Vortragsabend, der mit einem kleinen Imbiss und vielen Gesprächs- und Diskussionsrunden endete.
Insbesondere viele ehemalige Schüler/innen und Studierende unseres Berufskollegs nutzen den Nachklang auch für Gespräche mit ihren ehemaligen Lehrkräften.